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Vom Seefahrerstolz und dem starken Willen, auch im Gefecht zu bestehen Von Frank Jungbluth (Text) und Sarina Flachsmeier (Foto und Video)

33 Kilometer entfernt vom grauen Riesen, wie man die Fregatte „Bayern“ mit ihren knapp 139 Metern Länge und fast 17 Metern Breite durchaus nennen kann, liegt die Stadt Brake/Unterweser. Dort hat vor fast 175 Jahren die Geschichte der Deutschen Marinen begonnen, als der aus Leipzig stammende Marineoffizier Karl Rudolf Brommy dem Präsidenten der Frankfurter Nationalversammlung 1848 anbot, beim Aufbau der ersten Reichsflotte zu helfen. 175 Jahre später liegt in Wilhelmshaven, das seinen Namen dem preußischen König Wilhelm verdankt, die Einsatzflottille 2 mit elf Fregatten in zwei Geschwadern und einem Trossgeschwader. An Bord der „Bayern“ begrüßt Oberleutnant zur See Katrin die Landratten aus der Hauptstadt. Die 28-Jährige stammt aus Ludwigshafen, das mit dem Rhein auch irgendwie am Wasser liegt. Aber der Weg zur Marine ist aus der Pfalz nicht unbedingt vorbestimmt.

„Ich bin das bunte Schaf der Familie“, sagt die junge Offizierin lächelnd, bevor sie die engen Aufgänge hoch auf die Brücke nimmt. Katrin wollte das genau so, die Weite des Meeres und die besondere Kameradschaft, wie man sie wohl nur in der Enge an Bord erleben kann. Bei Oberbootsmann Daniel war das schon anders. Er kennt den größten Marinestandort und mit 6500 Soldatinnen und Soldaten auch größten der Bundeswehr überhaupt seit seiner Kindheit in der Gemeinde Zetel, die zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven liegt. Sein Vater ist auch Marinesoldat. Daniel ist es aus Überzeugung, und das selbstbewusste Lächeln beim Fototermin auf der Back ist sicher nicht aufgesetzt. Der Mann weiß, was er will. Er ist an Bord für die elektronische Kampfführung zuständig, ein Deck tiefer unter der Brücke, in der Operationszentrale. „Wir haben einen außerordentlich abwechslungsreichen Dienst, ich kann ferne Länder sehen und erleben, das macht alles hier einzigartig.“

Oberleutnant Katrin zählt zur 194 Männer und Frauen starken Besatzung der Fregatte "Bayern". Foto: DBwV/Sarina Flachsmeier

Die Fregatte „Bayern“ wurde 1996 in Dienst gestellt. Sie hat 194 Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere an Bord, ihr Kommandant ist seit März dieses Jahres der Fregattenkapitän Dennis Fauerbach. Die „Bayern“ ist, vor allem was die Einsätze im Ausland angeht, ein „alter Fahrensmann“. Sie war 1999 bei der Operation „Allied Force“ in der Adria dabei, 2005 war sie Flaggschiff für den damaligen Flottillenadmiral Wolfgang Kalähne, als der Kommandeur der Standing Maritime Group 2 war, die zu den NATO-Response Forces gehört. Am Horn von Afrika war sie bei Atalanta dabei und zuletzt ein Symbol für den Willen deutscher Außenpolitik, auch dem Riesenreich China zu zeigen, dass es Grenzen gibt. Dem Zweck diente die Präsenz- und Ausbildungsfahrt in den Indopazifik.

Im Büro des Kommandeurs der Einsatzflottille 2 im Marinestützpunkt Heppenser Groden in Wilhelmshaven ist die Schaltzentrale von Flottillenadmiral Axel Schulz. Der 51-jährige Offizier, der nebenbei noch Schwimmtaucher ist, ist erfahren in internationalen Einsätzen und hat nicht erst seit der Zeitenwende vom 24. Februar 2022 verinnerlicht, dass die Deutsche Marine den Kurs ändern muss. Nur, die wenigsten wollten diese unbequemen Wahrheiten vor sechs Jahren wissen, als sich der russische Despot Wladimir Putin gerade die Krim einverleibt hatte und im Donbass ein Dauergefecht gegen die ukrainische Bevölkerung und Regierung führen lässt. Das war, bevor der Aggressor die ganze Ukraine erobern wollte. Für Admiral Axel Schulz ist klar: „Mit der vom Bundeskanzler am 27. Februar ausgerufenen Zeitenwende muss aber ebenso eine mentale Zeitenwende innerhalb der Gesellschaft, aber auch der Bundeswehr einhergehen.“ Das bedeute, so Schulz, dass sich die Gesellschaft entschlossen hinter ihre Soldatinnen und Soldaten stellen muss. „Das heißt für mich auch, dass man ihnen damit auch den notwendigen Rückhalt und die damit verbundene Wertschätzung und Anerkennung für ihren Einsatz geben muss.“

Flottillenadmiral Axel Schulz ist Kommandeur der Einsatzflottille 2. Er fordert neben der vom Kanzler ausgerufenen Zeitenwende eine "mentale Zeitenwende innerhalb der Gesellschaft". Foto: DBwV/Sarina Flachsmeier

Für den Kommandeur der Einsatzflottille 2 ist ebenso klar: „Ein Kommando über ein Geschwader oder ein Schiff erfordert vom militärischen Führer den Willen und die Fähigkeit, Männer und Frauen auch in Extremsituationen zu führen und sie darauf vorzubereiten, im Gefecht zu bestehen.“ Und damit bereitet er die 4000 Soldatinnen und Soldaten seiner Einsatzflottille 2 auf das scharfe Ende des Berufes vor. Auf das scharfe Gefecht, das seit dem Krieg in der Ukraine nicht mehr unwahrscheinlich ist, auf das Töten und auch darauf, dass man verwundet werden oder fallen kann im Dienst für die Bundesrepublik Deutschland.

Der Oberbootsmann Daniel leistet seinen Beitrag zur Einsatzbereitschaft der Fregatte „Bayern“, indem er dazu beiträgt, das dreidimensionale Lagebild in der Operationszentrale aufzubauen. Für ihn war es nie eine Frage, Dienst für sein Land zu leisten. „Gute Kameradschaft ist entscheidend“, sagt er. Vor allem, wenn man mehr als ein halbes Jahr gemeinsam auf dem Schiff arbeitet – fern der Heimat.

Oberbootsmann Daniel ist seit acht Jahren bei der Bundeswehr. Foto: DBwV/Sarina Flachsmeier

Die Hauptgefreite Eva (22) dient seit einem Jahr in der Marine. Sie ist Navigatorin, führt die elektronischen Seekarten und das Schiffstagebuch. Eva ist eine von vielen Spezialisten an Bord. Ihre Arbeit ist spannend, wie sie sagt. Aber es geht auch um Verantwortung. Oberleutnant Katrin, die sechs Jahre Ausbildung absolviert hat und eines schönen Tages selbst Kommandantin einer Fregatte sein möchte, und ihre Kameraden eint, dass es niemanden unter ihnen gibt, der den Dienst bei der Marine je bereut hätte.