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Auf den Spuren der Normannen unterwegs in Europa

Landschaften und Orte sind für das Verständnis von Kultur und Geschichte sehr wichtig. Wahrscheinlich gibt es ihn doch, den genius loci, also den Geist des Ortes und genau dieser spielt bei der Vorbereitung von Ausstellungen eine nicht unbedeutende Rolle. Und so waren die Kuratorinnen der Normannen-Schau zwischen 2018 und 2022 in ganz Europa unterwegs, um Festungen, Klöster, Landschaften und Museen zu besuchen. An diesen Orten ist viel über die Normannen und ihr kulturelles sowie materielles Erbe zu erfahren. Häufig war das „Norfrauen“-Team sogar in Begleitung ihres Maskottchens: einem kleinen Normannen-Krieger. Sein Pendant, einer der berühmten Lewis Chessmen, ist derzeit in der Mannheimer Ausstellung zu sehen. Gemeinsam war er mit den Kuratorinnen in Skandinavien, Süditalien, der Normandie und in England.

Abb. 1: Abendrot am Meer im Castello di Bari | Abb. 2: Der kleine Normanne vor der Abbaye aux Dames in Caen | Abb. 3: Familientreffen für den kleinen Normannen in Dover Castle | Abb. 4: Um ihn in Szene zu setzen, geben die Kuratorinnen alles. Hier Franziska Kothe am Normans Bay, dem Landungsstrand der Normannen in England. | Abb. 5: Bei der Suche nach Ausstellungsstücken mit dabei: hier vor dem Modell einer Stabkirche im Kulturhistorischen Museum in Oslo. | Abb. 6: Auch für einen Normannen besteht das Leben nicht nur aus Arbeit...!

2018 - Süditalien und Sizilien

Ende 2018 begann die Ausstellungsplanung. Erkundungen vor Ort und erste Objektrecherchen sowie Gespräche mit Leihgebern standen im Vordergrund. Erste Ziele waren Süditalien und Sizilien, das bis heute vom arabisch-normannischen Kulturerbe geprägt ist. Im italienischen Süden muss man nicht lange nach normannischen Spuren suchen. Salerno, Venosa, Canosa di Puglia, Bari und Barletta sind nur einige der Orte, welche von den normannischen Einwanderern beeinflusst wurden. Dort finden sich Festungen, Kirchen, Grablegen und zahlreiche Museen.

Abb. 1: Das Castel del Monte in Apulien – errichtet vom Stauferkaiser Friedrich II., der mütterlicherseits normannische Wurzeln hatte. | Abb. 2: Projektleiterin Dr. Viola Skiba vor dem Grabmal der Konstanze von Hauteville in der Kathedrale von Palermo. | Abb. 3: Der berühmte Normannenpalast (Palazzo dei Normanni) in Palermo, erbaut unter dem Normannenkönig Roger II. Er ist Sitz des Parlaments der Region. | Abb. 4: Blick von der oberhalb von Salerno gelegenen Festung auf die Stadt. | Abb. 5: Blick auf die Hügellandschaft im Nordosten Siziliens mit Festungsruinen. Festungen in strategisch günstiger Lage spielten für die Normannen eine wichtige Rolle.

2019 - Die Normandie und Spanien

Mit der Konkretisierung des Ausstellungsprojekts rückte die Normandie, also das normannische Kernland, in den Fokus. Von hier aus brachen Normannen zu neuen Ufern auf, eroberten England und Süditalien, reisten ins Heilige Land und auf die Iberische Halbinsel. Die Normandie machten sie im Mittelalter zu einem starken und gut organisierten Herzogtum. Davon zeugen die Hauptstädte Rouen, Fécamp und Caen mit ihren Monumenten, die Bischofsstadt Bayeux – Aufbewahrungsort des berühmten „Teppichs“ (Beitrag im rem-Blog) – sowie viele Burgen und Klöster. Bei dieser Reise wurden auch die Kontakte für die Kooperation mit den Museen in Rouen und Caen geknüpft. Im selben Jahr ging es zudem nach Nordspanien und auf eine Entdeckungsreise. Dass die Normannen nämlich auch in Spanien waren und einer von ihnen in Tarragona eine Herrschaft aufbauen konnte, ist weitgehend unbekannt.

Abb. 1: Die normannische Küste zwischen Étretat und Fécamp. | Abb. 2: Kuratorin Giulia Worf weist den Weg nach Hauteville la Guichard. Von hier reisten die Hauteville nach Italien und eroberten große Teile des Südens. | Abb. 3: Die Ruinen der Abtei in Jumièges gehören zu den schönsten Klosterruinen der Normandie. | Abb. 4: Der Mont-Saint-Michel ist das bekannteste und bedeutendste Kloster der Normandie. Ein Besuch darf bei einer Leihreise nicht fehlen. | Abb. 5:  Blick auf Girona und seine Kathedrale| Abb. 6: Das Amphietheater von Tarragona stammt aus römischer Zeit. Unter dem Normannen Robert Burdet wurde dort auf Grundmauern des 6./7. Jh. eine Kirche mit Namen Santa Maria del Miracle errichtet.

2020 - Rom, Palermo und Skandinavien

Kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie ging es dann noch nach Rom und Palermo. In Palermo befinden sich mit der Cappella Palatina und dem Normannenpalast Monumente, die nicht umsonst Teil des Weltkulturerbes sind. Hier lässt sich das Zusammentreffen und die Verschmelzung der arabischen, griechischen und lateinischen Kultur und Kunst wie nirgendwo sonst beobachten. In der Ausstellung in Mannheim ist die Gründungsurkunde der Cappella Palatina zu sehen. Im Sommer ging es in den Norden, auf den Spuren der normannischen Wurzeln. Über Haithabu und Jelling führte die Reise nach Norwegen. Die Geografie und Landschaft Skandinaviens erklärt auch heute die Affinität zur Schifffahrt und die Mobilität. Ein Besuch des Viking Ship Museums in Oslo durfte da natürlich nicht fehlen. Zahlreiche Objekte des ersten Ausstellungsbereichs wurden auf dieser Reise erstmals in Augenschein genommen.

Abb. 1: Eine norwegische Stabkirche | Abb. 2: Blick vom mittelalterlichen Handelszentrum Haithabu auf die Schlei. Heute liegt es in Norddeutschland, war aber im Mittelalter Teil Skandinaviens. |Abb. 3: In Jelling wurden im 10 Jh. zwei riesige Grabhügel für die Könige Gorm den Alten und Harald Blauzahn errichtet. Heute sind sie nicht nur UNESCO-Welterbe, sondern zählen zu den bekanntesten wikingerzeitlichen Monumenten überhaupt. | Abb. 4: Projektleiterin Dr. Viola Skiba vor dem berühmten Oseberg-Schiff im Viking Ship Museum in Oslo.

2021 - Die Schlacht bei Hastings

Auch das Jahr 2021 war weiter von der Corona-Pandemie und zahlreichen Einschränkungen geprägt. Reisen waren kaum möglich. Im Herbst besserte sich die Lage allerdings und mit dem passenden Impfstatus und den entsprechenden Formalitäten war ein Besuch in England und eine Reise zum jährlich stattfindenden Reenactment-Event der Schlacht bei Hastings möglich. Von den Erlebnissen der Kuratorinnen wurde in einem Blog (zum Beitrag im rem-Blog) bereits berichtet. Doch England bot darüber hinaus noch viele weitere spannende Stationen. Immerhin waren die Normannen im Süden Englands mit ihrer Flotte angelandet und hatten ihre ersten Burgen errichtet. Hastings, Battle Abbey, Pevensey, Lewes, Dover und Rochester waren ebenso Ziele, wie der Landungsstrand der Flotte: Normans Bay.

Abb. 1: Eine der wenigen normannischen Fahnen, die man an diesem Tag unter den Besuchern wehen sah, war die der beiden Kuratorinnen. | Abb. 2: Hunderte Reenacter, verkleidet als Angelsachsen und Normannen, stellen jährlich die Schlacht bei Hastings (1066) am historischen Ort nach.| Abb. 3: Blick auf Dover Castle, das von Wilhelm „dem Eroberer“ nach dem Sieg in der Schlacht bei Hastings neu errichtet wurde. | Abb. 4: Dr. Viola Skiba und Franziska Kothe vor den Ruinen von Pevensey Castle. Diese ehemals römische Festungsanlage diente Wilhelm „dem Eroberer“ und seinen Truppen nach der Landung als erste Burg.| Abb. 5: Ortsschild von Pevensey: unübersehbar die Bedeutung des Ortes. Dort landeten die normannischen Truppen im Jahr 1066. | Abb. 6: Normans Bay bei Pevensey. Ein historischer Ort: Hier gingen Wilhelm und seine Truppen an Land. | Abb. 7: Der steinerne Wohn- und Wehrturm („donjon“) in Rochester wurde von den Normannen errichtet. Die Kuratorinnen konnten ihn nur von außen bewundern. Wegen der Lichtverhältnisse hatte die Burg früher geschlossen…doch dann kam die Sonne raus.

2022 - Süditalien und die Normandie

Die italienische Bürokratie stellte das Kuratorinnen-Team bis zuletzt vor große Herausforderungen. Viele Formalitäten waren zu erledigen und unterschiedliche Ebenen einzubeziehen. Manches lässt sich besser bei einem persönlichen Gespräch regeln und so stand im März 2022 ein weiterer Besuch in Süditalien auf dem Plan: Bari, Barletta und Canosa di Puglia. Zweimal galt es den Monte Sant’Angelo zu erklimmen, um ganz besondere Objekte (kommen Sie in die Ausstellung und urteilen Sie selbst) zu sichern. Ein besonderes Highlight für die Kuratorinnen war dabei ein Besuch der vollkommen leeren (!) Grotte des Michael-Heiligtums, die seit dem Mittelalter ein bedeutendes Pilgerzentrum ist. Im Mai reiste das gesamte Norfrauen-Team dann noch einmal nach Rouen, um Kooperationspartner zu treffen und ein Interviewprojekt für die Ausstellung vorzubereiten.

Abb. 1: Die „Norfrauen“ (das Kuratorinnenteam) zusammen mit Lehrerinnen und Lehrern des Kurpfalz Gymnasiums Mannheim bei einem Besuch im Château von Caen. | Abb. 2: Die Kuratorinnen beim Gruppenselfie vor dem Eingangstor zum Château von Caen. | Abb. 3: Die Kuratorinnen mit einer Wikingerdarstellerin im Ornavik-Park in Herouville-Saint-Clair. Dort wurden ein fränkisches Dorf und ein Wikinger-Lager nachgebaut. | Abb. 4: Gruppenfoto mit dem Team des Musée de Normandie, Lehrkräften des Kurpfalz Gymnasiuma Mannheim und des Instituts Lemmonier in Caen. | Abb. 5: Das Bohemund-Mausoleum in Canosa di Puglia. | Abb. 6: Dr. Viola Skiba und Giulia Worf vor der Grottenkirche San Michele auf dem Monte Sant’Angelo. Dort wurden wichtige Leihgaben gesichert.| Abb. 7: Blick auf die hoch über dem Meer gelegene moderne Stadt Monte Sant’Angelo. | Abb. 8: Das Land um den Monte Gargano, auf dem sich Monte Sant’Angelo und das Heiligtum des Erzengels Michael befindet. Dieses war schon im Mittelalter Ziel normannischer Pilger. | Abb. 9: Immer mit dabei: der kleine Normanne. Hier wird er in der Normandie von Ria Würdemann und Franziska Kothe für Fotos in Szene gesetzt. | Abb. 10: Kuratorin Giulia Worf vor der Abteikirche von Venosa in Süditalien.

DIE Normannen

18.09.2022 - 26.02.2023 // Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Die Reiss-Engelhorn-Museen widmen sich in einer umfassenden kulturhistorischen Ausstellung zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum der faszinierenden Geschichte der Normannen. In einem spannenden Bilderbogen zeigen sie, wie aus Wikingern Normannen wurden, die seit dem 9. Jahrhundert das Gesicht Europas veränderten. Auf den Spuren der Nordmänner begeben sich die Besucher auf eine Reise von Skandinavien bis ans Mittelmeer, von der Ostseeküste bis nach Byzanz. Über allem steht die Erkenntnis, dass Vernetzung keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist: Die Geschichte der Normannen ist die Geschichte von Mobilität, Eroberung und Innovation. Sie hat die Entwicklung Europas maßgeblich mitgestaltet. Die Schau beleuchtet anhand 300 hochkarätiger Leihgaben aus großen europäischen Sammlungen hochaktuelle politische und gesellschaftliche Fragen aus historischer Perspektive. Kostbare Kunstgegenstände, Präziosen sowie Waffen und exotische Handelswaren spiegeln den kulturellen Austausch von Orient und Okzident wider.

Impressum

▫ Herausgeber: Reiss-Engelhorn-Museen, Generaldirektor: Prof. Dr. Wilfried Rosendahl

▫ Projektleitung: Dr. Viola Skiba

▫ Konzeption Story: Umsetzung: Dr. Viola Skiba

▫ Konzeption Gestaltung und Animation: Norman Schäfer

▫ Redaktion: Franziska Kothe, Norman Schäfer, Pia Steinmeyer, Giulia Worf, Ria Würdemann

▫ Corporate Design: Tobias Mittag

Bildnachweise: © Szenen aus dem Teppich von Bayeux/Scene of the Bayeux Tapestry – 11th century: with special permission from the City of Bayeux

Reiss-Engelhorn-Museen / Museum Zeughaus C5 / 68159 Mannheim

reiss-engelhorn-museen@mannheim.de // www.rem-mannheim.de