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Wie modern ist Mobilität?

Überall ist heute von Mobilität die Rede und es entsteht der Eindruck, sie sei eine Erfindung der Moderne. Doch das stimmt nicht. Die Menschen im Mittelalter und besonders die "Nordmänner" und Normannen waren sehr mobil. Sie reisten über große Entfernungen – zu Wasser und zu Land – und ihre Welt war größer, als wir uns das heute vorstellen. Skandinavier erreichten bereits die nordamerikanische Küste, besiedelten Island, landeten auf Grönland, durchquerten Osteuropa und suchten die Küsten Europas heim. Sie erreichten den hohen Norden, siedelten auch in Osteuropa, kannten das Byzantinische Reich, bereisten den Orient und tauschten Waren bis weit nach Asien hinein. Die Kontakte, die sie dabei knüpften, erweiterten ihren Horizont in vielerlei Hinsicht.

Teppich von Bayeux / Bayeux, Musée de la Tapisserie, Szene 37-38
[Vlastimil Šesták] / stock.adobe.com
[Tomtsya] /stock.adobe.com

Doch was trieb sie in die Ferne…?

Wie so oft war es nicht nur ein Grund, der wikingerzeitliche Skandinavier und später Normannen dazu brachte, in die Ferne aufzubrechen. Wahrscheinlich könnte man sagen, das Reisen lag ihnen im Blut und die Hemmschwelle, in die Fremde zu ziehen, war vielleicht geringer als in anderen Gesellschaften. Hinzu traten Bevölkerungsdruck, Tradition, Siedlungs- und Handelstätigkeit sowie Abenteuerlust, die geografische Kenntnis und Mobilität voraussetzte. Dieses Wissen half dann auch den räuberischen Wikingern dabei, lohnende Ziele für ihre Plünderungen zu finden.

Bildstein von Smiss / Die Bildsteine aus Gotland zählen zu den anschaulichsten Denkmälern des wikingerzeitlichen Skandinaviens. Die Darstellungen solcher Bildsteine, die nur aus Schweden bekannt sind, hatten oft mythologischen Bezug. Hier sind zwei kämpfende, mit Schilden und Schwertern bewaffnete Krieger zu sehen. Unter dieser Szene ist ein Schiff dargestellt, das als Totenschiff interpretiert wird. Foto: rem, Norman Schäfer
Bildstein von Smiss, Foto: rem, Norman Schäfer
Nachbildung eines Wikingerschiffs, Dänemark / Foto: rem, Dr. Viola Skiba

….und wie erfolgten die Reisen über so weite Strecken?

Die wikingerzeitlichen Skandinavier verfügten über gute Navigationskenntnisse und die Fähigkeit, schnelle und wendige Schiffe zu bauen. Mithilfe dieser Schiffe gelang es ihnen nicht nur die stürmische Nordsee und den Atlantik zu bereisen, sondern auch die Flusssysteme Osteuropas zu beschiffen. Die Normannen erreichten im Jahr 1066 mit einer Flotte von 776 Schiffen die Küste Englands. Das verrät uns die "Ship list" Wilhelms „des Eroberers“, die in der Ausstellung zu sehen ist. Die Schiffe transportierten sowohl die Armee als auch Pferde und sogar eine Fertigmotte (ein hölzerner Burgtyp). Der Teppich von Bayeux liefert die passenden Darstellungen und verrät uns einiges über den Schiffsbau im Mittelalter.

Schiffbau-Darstellung im Teppich von Bayeux / Bayeux, Musée de la Tapisserie, Szene 35b-36

Aufbruch zu neuen Ufern!

Weder die Normandie noch England waren Endstationen für "Nordmänner" und Normannen. Anfang des 11. Jahrhunderts zog es sie wieder in die Ferne und vor allem nach Süden. In Süditalien fanden viele eine neue Heimat und sogar eine neue Herrschaft. Diese Mobilität war verbunden mit einer kulturellen Offenheit und Anpassungsfähigkeit. Sie half den Normannen in Italien eine neue Heimat zu finden und ein multikulturelles Königreich zu errichten. Von Süditalien und Sizilien aus drangen sie weiter in den Mittelmeerraum vor. Sie reisten ins Heilige Land, kämpften auf dem Balkan und gegen Byzanz, eroberten Malta und die Küste Nordafrikas. Dabei veränderten sie sich, profitierten vom Austausch und prägten die Kultur Europas und des Mittelmeerraums mit.

Astrolabium / (c) Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Foto: rem, Giulia Worf

DIE Normannen

18.09.2022 - 26.02.2023 // Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Die Reiss-Engelhorn-Museen widmen sich in einer umfassenden kulturhistorischen Ausstellung zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum der faszinierenden Geschichte der Normannen. In einem spannenden Bilderbogen zeigen sie, wie aus Wikingern Normannen wurden, die seit dem 9. Jahrhundert das Gesicht Europas veränderten. Auf den Spuren der Nordmänner begeben sich die Besucher auf eine Reise von Skandinavien bis ans Mittelmeer, von der Ostseeküste bis nach Byzanz. Über allem steht die Erkenntnis, dass Vernetzung keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist: Die Geschichte der Normannen ist die Geschichte von Mobilität, Eroberung und Innovation. Sie hat die Entwicklung Europas maßgeblich mitgestaltet. Die Schau beleuchtet anhand 300 hochkarätiger Leihgaben aus großen europäischen Sammlungen hochaktuelle politische und gesellschaftliche Fragen aus historischer Perspektive. Kostbare Kunstgegenstände, Präziosen sowie Waffen und exotische Handelswaren spiegeln den kulturellen Austausch von Orient und Okzident wider.

Impressum

▫ Herausgeber: Reiss-Engelhorn-Museen, Generaldirektor: Prof. Dr. Wilfried Rosendahl

Projektleitung: Dr. Viola Skiba

▫ Konzeption Story: Umsetzung: Dr. Viola Skiba

▫ Konzeption Gestaltung und Animation: Norman Schäfer

▫ Redaktion: Franziska Kothe, Pia Steinmeyer, Giulia Worf, Ria Würdemann

▫ Corporate Design: Tobias Mittag

Bildnachweis Hintergründe © Szenen aus dem Teppich von Bayeux/Scene of the Bayeux Tapestry – 11th century: with special permission from the City of Bayeux

Reiss-Engelhorn-Museen / Museum Zeughaus C5 / 68159 Mannheim

rem.marketing@mannheim.de // www.rem-mannheim.de