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So weit das Auge reicht. Im Land der 1.000 Teiche

Der Mensch hat schon immer die Landschaft geprägt. Doch selten ist sie so spektakulär wie die Teichlandschaft im Oberpfälzer Wald.

»Als stehendes Gewässer ist der Teich ein kleines Wunderwerk an Stoffkreisläufen und Nahrungsketten.«

So beschreibt es Lena Bächer, während sie routiniert einen der vielen Teiche ihrer Familie kontrolliert. „Man muss schon ein Auge drauf haben, dass alles im Gleichgewicht ist und es den Fischen den Sommer über gut geht.“ Das Wohlbefinden ihrer schuppigen Schützlinge ist Teichwirten wie der Familie Bächer sehr wichtig.

Die Bächers sind schon seit vielen Generationen Teichwirte und züchten in ihren Teichen vor allem Karpfen. Neben der Teichwirtschaft betreiben sie noch einen Fischladen zur Direktvermarktung und das Fischerstüberl, ein weithin beliebtes Fischrestaurant. Beides hat aber nur in den Monaten mit einem »r« im Namen geöffnet, denn von September bis April ist Karpfensaison.

In der Küche des Fischhof Bächer steht immer noch Seniorchefin Elsa, eine genauso begnadete wie begeisterte Fischköchin. Ihr Repertoire an Karpfenvariationen scheint schier unendlich und noch immer kommen neue Rezepte hinzu. Mit ihr arbeitet eigentlich die ganze Familie im Betrieb – zumal sie das Getreide für die Zufütterung der Karpfen selbst anbauen.

»Die Fischzucht und dadurch Pflege und Eintrübung der Teiche durch die gründelnden Karpfen ist von entscheidender Bedeutung. Das Wasser würde sonst an Nährstoffen verarmen, der natürliche Kleinstlebewesen- und Fischbesatz abnehmen. Dadurch nimmt natürlich auch die Attraktivität dieses Lebensraums für Frösche und weitere Reptilien, Wasservögel und auch Säugetiere ab.« erklärt Lena weiter.

Der Landkreis Tirschenreuth im Oberpfälzer Wald ist das Land der 1.000 Teiche. In Wirklichkeit sind es aber viel mehr. Ungefähr 4.700 Teiche verteilen sich über den Landkreis und prägen mit ihren weitläufigen Teichketten das Bild der Landschaft. Sehr eindrucksvoll lässt sich das in der Tirschenreuther Teichpfanne vom Aussichtsturm »Himmelsleiter« aus erleben. Ganz in der Früh, gleich zu Sonnenaufgang, wenn die Nebelschwaden noch über die Teiche ziehen und der Tau in den feuchten Wiesen hängt, entfaltet sich eine ganz besondere, beinahe märchenhafte Stimmung. Mit etwas Glück kann man dann sogar Fischadler bei der Jagd beobachten.

Die »Himmelsleiter« steht über dem Vizinalbahn-Radweg, der durch die Teichlandschaft führt. Wenn man auf dem imposanten Bauwerk (70 m lang und 20 m hoch) steht, ist man nicht nur dem Himmel ein ganzes Stück näher, sondern hat auch einen atemberaubenden Ausblick über die Waldnaabaue und die umliegenden Hügel und Wälder. Denn erst aus der Vogelperspektive lässt sich die Weite der Teichlandschaft erahnen und ihr einmaliges Panorama richtig genießen.

Viele geschützte Tier- und Pflanzenarten haben in der von den Teichwirten in Jahrhunderten geschaffenen Kulturlandschaft ihren Lebensraum. Besonders bedeutsam sind die Vorkommen von Kreuzotter, Moorfrosch, Braunkehlchen, Waldwasserläufer und von verschiedenen Moorlibellenarten. Zu den seltenen Pflanzenarten zählen die Glänzende Seerose, das Sumpfläusekraut, der Moorklee, das Wollgras, die Buschnelke und die Arnika.

Denn schon kurz nach dem Jahr 1000 legten die Ortenburger, ein bedeutendes Adelsgeschlecht in Ostbayern, die ersten Teiche in der Gegend von Tirschenreuth an. Bereits im 12. Jahrhundert wurden große Stadtteiche angelegt, die Tirschenreuth über Jahrhunderte zu einer Inselstadt machten. Im Mittelalter förderte dann besonders der 1133 gegründete Zisterzienserstift Waldsassen die Teichwirtschaft im Stiftland und führte diese im 14. und 15. Jahrhundert zu einer bis heute nicht wieder erreichten Blüte.

Ganz unmittelbar erleben lässt sich die Teichlandschaft natürlich bei einer Teichführung. Die zertifizierten Teichwirte wie die Bächers vermitteln einen Einblick in ihre Arbeit und das Ökosystem Teich. Vom Ablaichen der Fische im Frühjahr, über die Brutaufzucht und Fütterung im Sommer bis hin zum Abfischen und der Verarbeitung im Herbst zeigen die Teichwirte den Jahreslauf am Teich.

»Sieben Mal - so oft wird jeder Karpfen tatsächlich in die Hand genommen. Dann erst landet er bei Elsa in der Küche.« Meint Lena, als sie das Netz einholt, in dem sich ein junger Karpfen verfangen hat. Er wird vorsichtig auf Krankheiten und gesundes Wachstum untersucht und schnell wieder in den Teich zurückgesetzt. »Den Fischen schadet dieser kurze Ausflug an Land nicht«, meint Lena und kann somit sicher sein, dass es den Fischen gut geht.

Mit dem Abfischen im Herbst endet die Saison für die Teichwirte. Hierzu wird das Wasser im Teich über den sogenannten Mönch bis auf einen geringen Rest abgelassen. Die sich dort sammelnden Fische werden mit großen Netzen und Keschern abgefischt und in Tankwagen in Teiche oder Becken mit Klarwasser gebracht. Das sogenannte Wässern ist quasi der letzte Schliff für das Naturprodukt Karpfen und notwendig, um einen modrigen Nebengeschmack zu vermeiden.

Anschließend landen die Fische der Bächers im Fischladen oder im Fischerstüberl bei Elsa in der Küche, wo sie in eins ihrer vielen köstlichen Gerichte verwandelt werden. Mehr Frische und Regionalität geht nicht.

Weitere Informationen:

www.oberpfaelzerwald.de

www.erlebnis-fisch.de

www.baecher-fischhof.de