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Waren alle NorMANNen Männer?

Das zumindest könnte man bei ihrem Namen vermuten, aber natürlich waren die Normannen nicht nur Männer. Tatsächlich spielten die Frauen sowohl in der skandinavischen Kultur als auch für die normannische Geschichte eine entscheidende Rolle. Sie bewirtschafteten Güter, verwalteten den Haushalt, waren Handwerkerinnen, Händlerinnen, Reisende, Siedlerinnen und vielleicht sogar bisweilen Kriegerinnen oder Herrscherinnen. Da Geschichtsschreiber aber fast immer Männer und meistens Geistliche waren, ist es deutlich schwerer, ihre Geschichte und Lebensbedingungen zu rekonstruieren. Hier helfen die Archäologie und indirekte Informationen aus Schriftquellen weiter. Sie bieten Einblicke in das Leben von Frauen, unter denen sich auch einige außergewöhnliche Persönlichkeiten finden.

Walkürenfibeln / links: Museum für Archäologie Schloss Gottorf, Landesmuseen Schleswig-Holstein / rechts: © Ipswich Borough Council - Colchester and Ipswich Museums, Douglas Atfield

Emma First, Wilhelm second...

Wussten Sie beispielsweise, dass Emma von der Normandie 64 Jahre vor Wilhelm „dem Eroberer“ die erste normannische Königin Englands war – und das gleich zweimal? Emma, die eine selbstbewusste Frau gewesen sein muss, heiratete zunächst den angelsächsischen König Æthelred II. und nach dessen Tod Knut „den Großen“, der England und Dänemark beherrschte. Das Loblieb Emmas (Encomium Emmae reginae), das in ihrem Auftrag entstand und in Mannheim zu sehen ist, zeigt eine machtbewusste und einflussreiche Königin. Von ähnlichem Kaliber war „Kaiserin“ Mathilde, die Enkelin Wilhelms. Sie wollte selbst – und nicht über einen Ehemann – als Königin England beherrschen. Als sie nicht bereit war, gegenüber ihrem Cousin zurückzustehen, kam es zum Bürgerkrieg. Erfahren Sie mehr über das Schicksal dieser beiden Frauen in der Ausstellung.

Vita Edwardi, Reproduced by kind permission of the Syndics of Cambridge University Library
Encomium © The British Library Board (Add MS 33241, fol. 1v)
Siegel Mathilde, Timewatch Images / Alamy Stock Foto

Wichtig für die Integration

Frauen als Ehepartnerinnen spielten eine wichtige Rolle für die Integration. In der Normandie sorgten sie für eine schnelle Integration der Neuankömmlinge in das westfränkische Reich, wo Nordmänner zu Normannen wurden. In England waren es nicht zuletzt Ehen zwischen Angelsachen und Normannen beiderlei Geschlechts, welche die Gesellschaft zu einer anglonormannischen zusammenwachsen ließen. In Süditalien wiederum halfen Partnerinnen aus der lokalen Oberschicht beim Aufstieg und bei der Integration in die lokale Gesellschaft. Die langobardische Fürstentochter Sichelgaita heiratete beispielsweise Robert Guiscard, herrschte an seiner Seite und begleitete ihn sogar in die Schlacht. Davon berichtet auch die byzantinische Prinzessin Anna Komnena, eine der wenigen Geschichtsschreiberinnen des Mittelalters.

Schachfigur Königin © Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst / Antje Voigt

Regierende Frauen

Anna Komnena wäre gerne selbst Kaiserin geworden, doch wie die meisten ihrer Geschlechtsgenossinnen konnte sie ihre Herrschaftsambitionen nicht verwirklichen. Dennoch gab es mächtige Frauen, die Regierungsgeschäfte übernahmen: Olga von Kiew in der Rus', Gunnor und Mathilde, die in Abwesenheit ihrer Männer die Normandie regierten und die oben bereits genannten Emma und Kaiserin Mathilde. In Italien war es Adelasia del Vasto, die die Hauptstadt der Grafschaft von Sizilien nach Palermo verlegte und versuchte, ihrem Sohn das Königreich Jerusalem zu sichern. Und es war Konstanze von Hauteville, die die Krone von Sizilien erbte und die Weichen für die Zukunft ihres Sohnes Friedrich II. stellte. Sie alle haben die normannische Geschichte geprägt und viele andere Frauen mit ihnen.

Konstanze von Hauteville © Bürgerbibliothek Bern, Cod. 120.II, f. 119r; Foto: Codices Electronici AG // https://www.e-codices.unifr.ch/de/bbb/0120-2/98r/0/ (CC BY)
Die Mannheimer Norfrauen

DIE Normannen

18.09.2022 - 26.02.2023 // Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Die Reiss-Engelhorn-Museen widmen sich in einer umfassenden kulturhistorischen Ausstellung zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum der faszinierenden Geschichte der Normannen. In einem spannenden Bilderbogen zeigen sie, wie aus Wikingern Normannen wurden, die seit dem 9. Jahrhundert das Gesicht Europas veränderten. Auf den Spuren der Nordmänner begeben sich die Besucher auf eine Reise von Skandinavien bis ans Mittelmeer, von der Ostseeküste bis nach Byzanz. Über allem steht die Erkenntnis, dass Vernetzung keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist: Die Geschichte der Normannen ist die Geschichte von Mobilität, Eroberung und Innovation. Sie hat die Entwicklung Europas maßgeblich mitgestaltet. Die Schau beleuchtet anhand 300 hochkarätiger Leihgaben aus großen europäischen Sammlungen hochaktuelle politische und gesellschaftliche Fragen aus historischer Perspektive. Kostbare Kunstgegenstände, Präziosen sowie Waffen und exotische Handelswaren spiegeln den kulturellen Austausch von Orient und Okzident wider.

Impressum

▫ Herausgeber: Reiss-Engelhorn-Museen, Generaldirektor: Prof. Dr. Wilfried Rosendahl

▫ Projektleitung: Dr. Viola Skiba

▫ Konzeption Story: Umsetzung: Dr. Viola Skiba

▫ Konzeption Gestaltung und Animation: Norman Schäfer

▫ Redaktion: Franziska Kothe, Norman Schäfer, Pia Steinmeyer, Giulia Worf, Ria Würdemann

▫ Corporate Design: Tobias Mittag

Bildnachweis Hintergründe © Szenen aus dem Teppich von Bayeux/Scene of the Bayeux Tapestry – 11th century: with special permission from the City of Bayeux

Reiss-Engelhorn-Museen / Museum Zeughaus C5 / 68159 Mannheim

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