Berlin ist die Stadt vieler Trendhotels, vier interessante Neueröffnungen haben wir besucht.
Individualität, Authenzität, nach Hause kommen, Lifestyle, selbstgemacht, lokal verankert, das sind dieser Tage Schlagworte, die man von Hoteliers häufiger hört… Und neue F&B-Konzepte nehmen bei der Positionierung eine zentrale Rolle ein.
Barbara Jaeschke, Eigentümerin der German Language School (GLS) und Managing Director des Hotels Oderberger sagt dazu: „Es gibt einen Trend weg von Chain-Hotels. Wenn ich einen Kongress besuche, möchte ich als Hotelgast den Unterschied feststellen, ob dieser in Rio oder New York stattgefunden hat. Im Hotel Oderberger beherbergen wir u. a. viele Studierende unserer auf dem Campus ansässigen Sprachschule. Diese verbinden Bildung mit Lifestyle. Dazu gehören internationale Kontakte, eine Infrastruktur und eine entsprechende Übernachtungsmöglichkeit.
Wir haben über 100 Nationalitäten bei uns und die finden es cool, wenn sie hier Estnisch und einen Tisch weiter Portugiesisch hören.“ Die gebürtige Niedersächsin sieht in dem aufwändigen Umbau des ehemaligen Stadtbades im Prenzlauer Berg zu ihrem Hotel auch eine Erweiterung ihres Produktportfolios. „Wir verkaufen uns als Unikat. Wir haben das Kathedralen-Schwimmbad, viele historische Elemente wurden erhalten. Und es gibt immer Kunden, die sagen, die originalen Seifenschalen in den Zimmern, die alten Fenster, die Kofferablagen sind toll.
Die Integration von zu viel Technologie in den Hotelalltag, die Möglichkeit des mobilen Check-ins beispielsweise, wäre völlig konträr zu unserem Ansinnen. Wir sind face-to-face. So wie unsere Sprachtrainings, wo die Teilnehmenden die Konversation von Mensch zu Mensch trainieren sollen, möchten wir auch den sehr persönlichen Service bieten und so unser Hotel als Highlight in Europa positionieren.“
Ronald Spicale, General Manager des im März öffnenden und zur Gekko-Gruppe von den beiden Frankfurter Visionären und Gastgebern Micky Rosen und Alex Urseanu gehörenden Hotels Provocateur in der Brandenburgischen Straße, hat seine Zielgruppe ebenfalls klar im Blick. „Wir wollen ein Ort für Menschen sein, die das Leben genießen. Bei uns geht es darum, die Salonkultur wieder aufleben zu lassen. Dazu gehören hervorragende Küche, gute Drinks und ein Platz zum Schlafen, der Wohlfühlcharakter hat. Bei uns bekommt man mehr als nur ein funktionelles Hotel. Wir nehmen unsere Gäste mit in unsere eigene Welt, sei es mit Duc Ngo auf eine kulinarische Entdeckungsreise durch China oder in unserer einzigartigen Provocateur Bar, die Herz und Seele des Hotels ist. (Anm. der Red. zu Duc Ngo: u. a. namhafte Restaurants wie Kuchi, Madame Ngo in Berlin oder auch moriki in Frankfurt).
Ich bin selbst Berliner und weiß, wie die Stadt tickt“, sagt der selbstbewusste Jungmanager, der Hotelerfahrung im Adlon und Ritz Carlton gesammelt hat. „Der Raum im Souterrain unseres Hotels bietet eine wunderbare Fläche, um außergewöhnliche Events zu etablieren. Hier kann im exklusiven Rahmen gefeiert werden. Bei uns wird es nicht steif und unpersönlich zugehen. Unser Geheimrezept ist die Kombination aus Musikprogramm, hochwertigen Produkten und einem cosy Ambiete. Nischen animieren dazu, mit Freunden, Geschäftspartnern oder mit deinem Date Zeit zu genießen.
Bekannt machen werden wir uns über unser persönliches Berliner Netzwerk. Das war in Frankfurt ähnlich, wo die Gekko-Gruppe ihre Wurzeln hat. Unsere Gründer, Eigentümer und auch Erfinder der Roomers Hotels haben mit ihren legendären Night-Crawler-Parties Hotels gefüllt. Wie im Roomers sind auch im Provocateur Restaurant und Bar fester Bestandteil des Gesamtkonzepts. Familiär, authentisch und mit großer Freude daran, Menschen zusammenzubringen, die so wie wir eine Liebe zum Leben haben.“
„Am 14. Oktober 2016 haben wir unser Haus eröffnet“, sagt Mirko May, General Manager des Chrome Cottage in der Simon-Dach-Straße. „In diesen Kiez kommt man gezielt, deswegen sind wir hier und nicht in Mitte. Das lokale Lebensgefühl wollen wir in den Zimmern widerspiegeln. Bei uns ist alles selber gemacht, sehr individuell und mit hochwertigen Materialien gebaut. Keine Architekten – nur unser Empfinden für das perfekte Hotelzimmer. Unsere drei Gesellschafter, darunter Jasko Klatt (Spindler & Klatt), lieben das Handgemachte, Liebevolle, Selbstkreierte. Keiner will mehr etwas von der Stange.
Auch bei den Produkten im Bereich der Gastronomie spiegelt sich das wider. Wir kaufen die Burger-Buns für unser Bar & Grill THE RAW von einer kleinen Bäckerei in Kreuzberg, weil es unsere Gäste schätzen. Das Fleisch für unsere Burger wolfen wir selber täglich durch. Alles soll frisch, möglichst wenig tiefgekühlt sein. Im Beverage Bereich arbeiten wir viel mit selbstgemachten Sachen, Cranberry Sirup z. B. Wir wollen leichte Getränke und ein attraktives Beverage Sortiment ohne Alkohol. Handmade muss es sein und an Trends wie momentan Tequila und Mezcal orientiert.
Die familiäre Atmosphäre im Hotel darf ebenfalls nicht zu kurz kommen. Wir unterstützen das architektonisch. Coffee Shop, Bar, Restaurant und Lobby gehen ineinander über. Es gibt keine Barrieren, man kann überall hinlaufen, hinschauen. Auf traditionelle Berufsbezeichnungen wie Front-Office Manager können wir verzichten. Bei uns ist das die Nora, die die Rezeption macht. Sie begleitet die Gäste persönlich aufs Zimmer und ist darüber Ansprechpartnerin für alles Weitere, was sich am Empfang abspielt. Dazu gehört übrigens nicht das Reservierungsmanagement. Das haben wir, wie weitere Office-Leistungen, an Spezialisten ausgelagert.“
Eckart Buss, Geschäftsführer der Henri Hotel GmbH mit Standorten in Berlin, Hamburg und (bald) Düsseldorf, sowie Raik Unbenannt, Hotel Manager des Henri Hotel Berlin Kurfürstendamm, sehen das Besondere ihrer Hotels in der Kombination aus Lage, Design, Konzept und Service-Spirit. „Wir wollen mit Einzigartigkeit punkten. Wenn man sich überlegt, wo die Hotellerie hin marschiert, sehe ich grundsätzlich zwei verschiedene Ausrichtungen“, so Buss. „Es gibt Übernachtungsfabriken und auf der anderen Seite die Boutique-Hotels, die individuell und detailverliebt sind. Die neuen Trends stellen die Zukunft dar. Ein Stück Erlebnis kaufen. Ich habe nicht nur ein Bett, sondern auch eine Geschichte dahinter.
Bei den Henri-Hotels haben wir eine schöne Lobby, aber kein Restaurant. Dafür unser Henri-Abendbrot, das wir in der ‚Gemeinschaftsküche‘ anbieten. Das Abendbrot-Konzept und die „Gemeinschafts-/Self-Service Küche bilden den Kern unserer Positionierung und sind Mittelpunkt des Hotels. Man trifft sich dort und hat die Möglichkeit, sich kennenzulernen. Das prägt die Atmosphäre des Hauses. Einer der größten Fehler, die wir in der traditionellen Gastronomie machen, ist, die Gäste über überteuerte F&B-Preise zu verärgern. Ich nenne nur die Flasche Wasser für 8 Euro... Bei uns kostet das Bier 2,20 Euro, dafür muss ich es mir aber auch selbst aus dem Kühlschrank nehmen. Weitere Stilelemente bei uns sind das individuelle Interior-Design und unsere Uniformen. Alles muss ein harmonisches und authentisches Gesamtbild ergeben. Wenn unsere Hotelimmobilie aus der Gründerzeit stammt, kann ich das nicht mit einer 60er Jahre Einrichtung kombinieren.
Ob wir trendy sind, weiß ich nicht. Ich würde uns eher als analog bezeichnen. Und dazu gehört es nicht, die Gäste mit Technik zu bombardieren. Wir haben Mitarbeiter*innen am Empfang, die können das viel charmanter als eine Maschine. Sowieso ist unser Anspruch, nicht perfekt zu sein. Henri-Spirit ist Lässigkeit ohne flapsig zu sein. Auf Augenhöhe mit dem Gast kommunizieren und viel Natürlichkeit. “
Credits:
Hotel Oderberger, Chrome Cottage, Henri Hotels, Hotel Provacateur