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„Der Trainer wollte mich unbedingt“ Höchstleistungen

Der Volleyballer Mario Schmidgall hat es geschafft: Er spielt in der 1. Bundesliga – auch wenn der Weg bis dahin sehr anstrengend und nicht ohne Hürden war.

„Ich war mega happy, als es 2017 mit dem ersten Vertrag geklappt hat“, erzählt der aus Mainhardt-Lachweiler stammende Mario Schmidgall (23). „Damals ist ein großer Traum für mich in Erfüllung gegangen.“

Die eigentliche Geschichte fängt aber schon viel früher an: 2004, mit sechs Jahren, ging Mario Schmidgall zusammen mit einem Freund in den Nachbarort zum SSV Geißelhardt – dort gab es eine Volleyball-Abteilung. Er war von Anfang an mit großer Begeisterung dabei und entwickelte ein Talent für den Ballsport. Mit zwölf Jahren wurde er dann bei den Bezirkskadermeisterschaften entdeckt und zu regelmäßigen, vertiefenden Trainingseinheiten eingeladen.

Er war damals schon ehrgeizig und wollte seine Technik und sein Spiel in der württembergischen Jugend durch intensives Training verbessern. Zur Freude am Spiel kam gute Ballkoordination, das Gefühl für den Ball und das Spielverständnis. Parallel trainierte er beim SV Waldenburg bei der Herrenmannschaft mit – wohlgemerkt nach den Trainingseinheiten in seiner Altersklasse.

Mit 15 Jahren kam dann der nächste große Schritt: Mario Schmidgall bekam ein Angebot für das Training beim Volleyball-Stützpunkt in Friedrichshafen – der Adresse für junge Volleyballspieler. „Als ich das meiner Mutter erzählt habe, war erst einmal Stille, denn ich musste entscheiden, ob ich zu Hause ausziehen sollte“, berichtet der Spieler rückblickend. Der Einstieg bei der erfolgreichsten deutschen Volleyballmannschaft „war ein großer Wunsch von mir“.

So zog der Neuntklässler an den Bodensee, besuchte dort zunächst eine Realschule und später ein sozialwissenschaftliches Gymnasium. „Der Sport kann nur funktionieren, wenn man die Schule im Griff hat“, betont er. Das Training wurde parallel dazu weiter professionalisiert. „Die ersten zwei Jahre waren nicht einfach“, lacht der heute 23-Jährige. „Es war für mich ein Findungsprozess und mit den Aufgaben bin ich gewachsen.“ Der junge Mann fühlt sich heute viel reifer und ist überzeugt, mehr gelernt zu haben, als wenn er weiter zu Hause in Lachweiler gewohnt hätte.

Das Training auf sehr hohem Niveau hat ihn weiter nach oben gezogen, denn: „Ich war schon immer sehr leistungsorientiert und kompetitiv. Ich messe mich gerne mit Leuten, die besser als ich sind“. Zunächst blockte und baggerte der Zuspieler in der Oberliga, später in der 2. Bundesligamannschaft: In dieser Position ist er der Spielmacher. Er entscheidet, wer den Ball bekommt und welcher Spielzug gerade der richtige ist.

Starker Wettbewerb

In dieser Zeit ist zwischen den Sportkameraden bei den YoungStars Friedrichshafen auch ein starker Wettbewerb entstanden: Wer bekommt welchen Stammplatz in der Mannschaft? Wer erhält einen Vertrag? „Einen Freund auszustechen, ist nicht einfach, aber ich habe einen Weg gefunden, damit umzugehen“, beschreibt Schmidgall die Situation.

Nachdem er 2017 das Abitur machte, endete auch die Förderung in Friedrichshafen: Er wechselte für drei Jahre als Profi zu den Bisons nach Bühl in die 1. Bundesliga. Er war aber „nur“ Auswechselspieler. Das änderte sich, als der erste Zuspieler verletzt ausfiel – Mario Schmidgall erhielt die Chance, sich zu profilieren. Ein Vorbereitungsturnier gewann die Mannschaft dank seiner Mithilfe. Er konnte sich auch in der Saison auf dieser neuen Position behaupten und war erfolgreich. Das Pokalfinale verlor sein Team gegen den VfB Friedrichshafen nur ganz knapp: „So ein Spiel als 19-Jähriger zu machen, ist einfach fantastisch“, schwärmt er noch heute. In diese Zeit fällt auch seine erste Berufung in die Nationalmannschaft: „Das war eine gute Erfahrung für mich, aber es war zu früh“. Anfang der Saison 2020/2021 wechselte er zu den United Volleys Frankfurt: „Der Trainer wollte mich unbedingt haben“. Der Transfer zu einer der Top-Mannschaften der Bundesliga „war ein wichtiger Schritt für mich“. Auch hier spielte er wegen der Verletzung eines Stammspielers von Anfang an auf der zentralen Position – die Spiele fanden allerdings aufgrund der Corona-Pandemie ohne Zuschauer statt. Der Pokalwettbewerb wurde jedoch ausgespielt und Mario Schmidgall verbuchte zusammen mit seinem Verein den ersten großen Titel: Pokalsieger 2021! „Leider war auch hier kein Publikum zugelassen, es war aber trotzdem ein fantastischer Erfolg für mich.“ Da er allerdings nur einen Einjahres-Vertrag hatte und die finanzielle Situation der Frankfurter angespannt war, musste er nach der Saison den Verein wechseln. Durch die Corona-Pandemie war es nicht leicht, einen neuen Verein zu finden. Mit finanziellen Abstrichen fand er im Sommer 2021 bei den Netzhoppers Königs Wusterhausen bei Berlin eine neue sportliche Heimat. „Die Pandemie hat beim Volleyball eine große Lücke gerissen“, erzählt der Profi. „Einige Vereine sind in die Insolvenz gerutscht, beispielsweise auch mein ehemaliger Verein Bühl.“ Durch Corona-Fälle bei seinem aktuellen Verein mussten Spiele abgesagt werden, was dem spielerischen Fortschritt sehr geschadet hat. Was er nach dem Ende der Saison und seines Vertrags machen wird, weiß der junge Volleyball-Profi noch nicht.

Sportliche Ziele

Die sportlichen Ziele von Mario Schmidgall sind hingegen klar: Stammspieler bei einem großen Verein und mit ihm deutscher Meister zu werden. Eine andere Möglichkeit wäre, ins Ausland zu einem der Top-Clubs in Europa zu gehen. Nach der schwierigen Phase möchte er auch wieder gutes Geld verdienen, das er dann zusammen mit seinem Berater bei der VR Bank, Marko Schaffroth – übrigens ein ehemaliger Schulkamerad –, gewinnbringend anlegen wird. Denn trotz seines bundesweiten Erfolges bleibt er Mitglied bei seiner regionalen Bank. Parallel dazu studiert der 23-Jährige Wirtschaftspsychologie an der Fernuniversität Bad Honnef – als zweites Standbein neben dem geliebten Volleyball. „Da sind alle Veranstaltungen online. Denn ich weiß ja nicht, wo ich in nächster Zeit landen werde.“

Fotos: Oliver Schwandt, privat