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Stefanie Köhn Charité – Universitätsmedizin Berlin

Porträt

Stefanie Köhn zusammen mit Kollegin Dr. Anna Schlumbohm bei der Kaffeepause und in ihrem Büro.

Stefanie Köhn, Sie sind wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Charité Berlin. Auf welches Fachgebiet haben Sie sich spezialisiert?

Ich arbeite am Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft. Meine Fachgebiete sind die Versorgungsforschung und die Qualitätssicherung in der Rehabilitation. Die wissenschaftliche Begleitung der ANQ-Messungen gehört zu meinen Hauptaufgaben. Neben der inhaltlichen Arbeit bin ich auch für die Teamleitung und das Projektmanagement zuständig. Mit einem kleinen Pensum bin ich zudem in der Lehre an der Charité tätig. Meine Aufgaben sind sehr vielfältig, kein Tag ist wie der andere.

Was ist Ihnen an Ihrer Arbeit besonders wichtig?

Ich bin davon überzeugt, dass eine gute Teamarbeit zu besseren Resultaten führt – und die Arbeit im Team auch einfach mehr Spass macht. Daher ist der kollegiale und fachliche Austausch elementar für mich. Eine gründliche, exakte Arbeitsweise und die Offenheit, Neues zu erforschen, sind mir ebenfalls wichtig. Unsere Arbeit soll relevant und praxisnah sein. Deshalb lege ich Wert auf einen engen Austausch mit Fachleuten aus der Reha-Praxis. Für die ANQ-Messungen schätze ich die Impulse des QA Rehabilitation sehr.

Welche Aufgaben erfüllen Sie im Rahmen der ANQ-Messungen?

Wir haben den Auftrag, die von den Kliniken erhobenen Daten aufzubereiten und auszuwerten sowie die Ergebnisse darzustellen. Neben den nationalen Vergleichsberichten erstellen wir für jedes Datenjahr für die rund 100 teilnehmenden Kliniken jeweils spezifische Berichte mit den individuellen Ergebnissen. Da es sich bei der ANQ-Messung um eine Vollerhebung handelt, verfügen wir über eine Fülle an Daten. Das ermöglicht uns, weiteren Fragestellungen nachzugehen und Zusatzauswertungen im Auftrag des ANQ vorzunehmen.

Eine solche Zusatzauswertung gab es auch 2021. Was haben Sie genau untersucht – und was sind die wichtigsten Resultate?

Zu den Reha-Messinstrumenten gehören auch Fragebögen, welche die Patientinnen und Patienten am Anfang und am Ende ihres Reha-Aufenthalts ausfüllen sollen. Leider nehmen je nach Rehabereich bis zu 30% nicht an diesen Befragungen teil. Wir wollten deshalb untersuchen, ob es systematische Verzerrungen gibt, also ob bestimmte Patientengruppen die Fragebögen eher nicht ausfüllen und damit in den Auswertungen unterrepräsentiert sind. Unsere Analyse zeigt: Fremdsprachige, allgemein Versicherte und ältere Personen füllen die Fragebögen seltener aus. Gleichzeitig haben wir von Klinik zu Klinik grosse Unterschiede beim Rücklauf festgestellt. Die Klinikorganisation hat also einen grossen Einfluss darauf, ob jemand an einer Befragung teilnimmt.

«Die Klinikorganisation hat einen grossen Einfluss darauf, ob jemand an einer Befragung teilnimmt.»

Am Reha-Kolloquium der deutschen Rentenversicherung 2021 wurde ein Poster der Charité und des ANQ mit dem 2. Jurypreis ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?

Wir haben uns sehr über die Auszeichnung gefreut. Der Jurypreis ist eine wissenschaftliche Anerkennung unserer Arbeit. Das Poster thematisierte den ADL-Score, den wir entwickelten, um die Ergebnisse von zwei unterschiedlichen Messinstrumenten – EBI und FIM® – vergleichbar zu machen. Beide Instrumente werden eingesetzt, um die Funktionsfähigkeit der Patientinnen und Patienten bei alltäglichen Aktivitäten zu messen.

Anfang 2021 trat der neue Reha-Messplan in Kraft. Welche Veränderungen gab es für Sie?

Wir hatten im Vorfeld viel zu tun, weil die Auswertungsalgorithmen angepasst werden mussten. Für die Kliniken dürfte die Umstellung aber grösser gewesen sein als für uns. Es wurden zwar keine neuen Instrumente eingeführt, aber es gab einige Änderungen bei den Messvorgaben und den zu übermittelnden Dateitypen für die verschiedenen Rehabereiche.

Neu ist auch das Rehabilitation Monitoring System ReMoS, bei dessen Entwicklung Sie mitgewirkt haben. Was bringt ReMoS den Kliniken?

ReMoS ist eine massgeschneiderte Neuentwicklung, ein Kooperationsprojekt zwischen dem ANQ, der Charité und dem IT-Dienstleister INMED. Die Plattform soll den Kliniken die Prozesse rund um die be-reichsspezifischen ANQ-Messungen erleichtern. Sie ermöglicht, die Daten jederzeit zu überprüfen und erleichtert die finale Übermittlung der Daten an uns. Sind die Daten ausgewertet, können die Kliniken ihre Ergebnisse auf der Plattform online einsehen und dort auch die Berichte herunterladen. Das interaktive Dashboard und die Gewährleistung der Datensicherheit nach den aktuellen Standards sind weitere Pluspunkte.

Werfen wir einen Blick über die Grenze: Sie haben Einblick in die Reha-Qualitätssicherung in Deutschland und in der Schweiz. Wo gibt es Unterschiede?

Unterschiede gibt es eigentlich auf allen Ebenen – angefangen beim System, über die Gewichtung von Behandlungs-, Struktur- und Prozessqualität bis hin zu den Instrumenten und zum Umgang mit den Ergebnissen. Die Publikation der Ergebnisse bis auf Klinikebene gibt es bislang nur in der Schweiz, dafür geht Deutschland systematischer mit auffälligen Ergebnissen um. Ich sehe aber auch Gemeinsamkeiten: In beiden Ländern muss die Qualitätssicherung und -entwicklung verschiedensten Interessen genügen. In den Sitzungen des QA Rehabilitation bin ich immer wieder beeindruckt, wie es die Teilnehmenden verstehen, aus verschiedenen Standpunkten und Bedürfnissen gute Lösungen zu entwickeln.

«ReMoS ist eine massgeschneiderte Neuentwicklung, die den Kliniken die Prozesse rund um die bereichsspezifischen ANQ-Messungen erleichtern soll.»

Stefanie Köhn, Dipl.-Päd. (Rehab.), hat zunächst eine Ausbildung als Physiotherapeutin absolviert und während einiger Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Nach Abschluss ihres späteren Studiums der Rehabilitationswissenschaften/-Pädagogik an der Humboldt-Universität Berlin wurde sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Fotos: © Geri Krischker / ANQ