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Gott ist mein Halt FEGpersönlich mit Annina Baumann

«Denn ich weiss wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr. Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.» Jeremia 29.11. Diesen Bibelvers sucht sich Annina Baumann zur Konfirmation aus. Annina ist 16 Jahre alt und es kriselt in der Familie. Sie kommt zum Schluss: «Gott ist mein Halt.»

von Harry Pepelnar, pepelnar@gmail.com

Annina Baumann wächst wohlbehütet in einer Schweizerfamilie auf. Der Glaube spielt im Alltag noch keine Rolle. In den Volksliedern, die daheim gesungen werden, begegnet sie Gott: «Im Bett tueni bäte u schlafe denn ii, dr lieb Gott im Himmel wird ou bi mir si.» Dieses Grundgefühl von Gottes Geborgenheit ist der Beginn ihrer gemeinsamen Geschichte.

Ein Mitschüler lädt sie in die Jungschar der FEG Gwatt ein. Die Eltern unterstützen sie dabei und so wird ab jetzt der Samstag von Abenteuer, Gemeinschaft und Jesus geprägt. Annina hat noch keine Ahnung von der Bibel: «Als ich die Abkürzung Joh. 3,16 las, kam es mir wie ein Geheimcode vor!» Ja, das hat etwas, mindestens das Geheimnis der Liebe Gottes ist darin versteckt!

Im Gegensatz zu ihren Schulklassen damals wird sie in der Jungschar angenommen, so wie sie ist. «Ich fühlte mich gesehen und wertvoll. Hier kam es nicht darauf an, was für Kleider ich anhatte, sondern ich durfte einfach sein.» Annina erinnert sich an viele Andachten und entscheidet sich für Jesus.

Zwei Entdeckungen

Als Annina ins Teenageralter kommt, nimmt sie das Leben der Erwachsenen genauer unter die Lupe. Wie will sie ihr Leben führen? Nach der Jungschar besucht Annina das Jugendprogramm. In dieser Zeit wachsen wichtige Freundschaften. Die Jugendlichen laden sie in einen Gottesdienst der FEG Gwatt ein. «Ich hatte gar nicht bemerkt, dass zur Jungschar eine christliche Gemeinde mit Gottesdiensten gehört.» Zum ersten Mal gibt es deshalb Konflikte mit den Eltern. Der Sonntagsbrunch ist eine wichtige Familientradition und diese ist jetzt infrage gestellt. Die ältere Schwester schläft wegen des Nachtlebens aus und das Nesthäkchen Annina will in den Gottesdienst!

Dann ist da dieser junge Mann in der Jugendgruppe, Claude, den Annina faszinierend findet. Bald haben beide richtig viele Schmetterlinge im Bauch und eine Freundschaft entsteht. Seine Familie wird zu einem wichtigen Zufluchtsort für Annina. Heute blicken sie auf eine 25-jährige Beziehung zurück, davon 20 wunderbare Ehejahre. Annina verbringt noch heute ihre Zeit am liebsten mit ihrem Mann.

Anninas Familie hat unterdessen die Krise gut gemeistert. Die kommenden Jahre ist sie mit ihrer Ausbildung zur Lehrerin und Heilpädagogin beschäftigt. Mit viel Leidenschaft steigt sie in ihren Beruf ein und bleibt ihm bis heute treu. Dabei versucht sie, Menschen mit Gottes Perspektive zu betrachten. Das Ehepaar investiert in der Freizeit aktiv in die junge Generation der Gemeinde.

Familienwunsch

Mit 28 Jahren beginnt sich eine Krise durch alle Lebensbereiche zu ziehen. Viele ihre Freundinnen werden schwanger und auch Annina hat den Wunsch, Mama zu werden. Obwohl man heute ein grossartiges Leben ohne Kinder führen kann, ist der Wunsch nach Familie gross. Niemals hat sie geahnt, was das auslösen würde. Plötzlich dreht sich in ihrem Umfeld alles um Kleinkinder. Ihre Freundinnen treffen sich morgens mit ihren Babys – Annina muss arbeiten. Sie hat viel in ihren Beruf investiert, doch ihre Freude daran schwindet. Familienfeste werden plötzlich zur Tortur. Geht sie nicht hin, fühlt sie sich ausgeschlossen. Geht sie hin, so tut es sehr weh. Auch die Gemeinde ist kein Zufluchtsort mehr. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Annina schwanger ist. Das Paar bekommt Glückwünsche zur «bevorstehenden Geburt». Das endet oft in bitteren Tränen.

Wo sind die Zusagen von Gott geblieben? Warum funktioniert es bei uns nicht?

Das geht nicht spurlos an ihrer Ehe vorbei, betrifft es doch Seele und Körper auf intimste Weise. Annina beschreibt: «Ich fühlte mich wie auf einer Gratwanderung, links und rechts die Tiefe. Gott ging voraus. Ihn anklagend hielt ich mich am Rettungsseil fest. Gott hatte Zukunft und Hoffnung für mein Leben, auch wenn ich nichts davon erkennen konnte.»

Viele persönliche Gespräche ergeben sich mit Menschen, welche ebenfalls einen offenen Kinderwunsch haben. Einige Freundinnen beklagen zu dieser Zeit den Verlust ihres Kindes. Annina weint mit ihnen und spürt, wie nah Geburt und Tod beieinander liegen. Als Ehepaar setzen sie sich mit ihrer Berufung auseinander und mit ethischen Fragen der Zeugung: Welche medizinischen Massnahmen wollen sie? Oder kommt eine Adoption in Frage? Medizinische Abklärungen zeigen, dass alles in Ordnung ist und einer Schwangerschaft nichts im Wege steht. Doch der Erfolg bleibt aus.

Nach zwei Jahren wird Annina schwanger, einfach so. Nach Insulinspritzen, knallhartem Ernährungsplan und schwieriger Geburt ist die erste Tochter auf der Welt. Das kleine Geschöpf zeigt sich als schlaues, willensstarkes Mädchen, welches das Leben der jungen Familie erneut auf den Kopf stellt, und ein neuer Lernprozess beginnt.

Nach zwei Jahren findet ihr Umfeld, dass ein Ge­schwister doch dran wäre. Die Krise wiederholt sich. Annina und Claude freuen sich zwar über ihre erste Tochter, doch der Leidensprozess für ein zweites Kind ist nicht geringer. «Man hat als Mama eines Kindes nicht so viel zu tun wie mit zwei oder mehr Kindern! Als ob der Wert von Müttern an der Anzahl ihrer Kinder gemessen wird!» Es fühlt sich für Annina an, als muss sie den Verlust eines Kindes bewältigen. Ein Kind ohne Namen, welches eine grosse Lücke hinterlässt.

Annina und Claude suchen sich Hilfe bei Experten. Nach erneuten 3 Jahren mit offenem Kinderwunsch kommt ihre zweite Tochter zur Welt. Welch eine Freude! Für das Ehepaar ist klar, dass sie nicht noch ein drittes Mal durch dieses Tränental gehen wollen. Anninas Gesundheit hat darunter gelitten. Ein paar Jahre später schenkte Gott noch eine Pflegetochter dazu.

Dankbar schauen sie auf ihre Töchter, das Gelernte und die persönlichen Gespräche zurück. Es hat ihre Perspektive auf das Leben verändert. Annina ist immer noch überzeugt: Gott will mir eine gute Zukunft schenken.