Der Caminito del Rey liegt im Naturschutzgebiet Desfiladero de los Gaitanes - Schlucht der Bartbeier - im Norden der Provinz Málaga. Hier durchbricht der Fluss Guadalhorce das Bergmassiv und formt dabei eine sieben Kilometer lange Schlucht.
Das gesamte Gebiet ist geprägt durch die Wasserwirtschaft und Nutzung der Wasserkraft. Oberhalb der Schlucht liegen die Stauseen der Flüsse Guadalhorce und Guadalteba. Angelegt wurden sie ab 1914 zur Regulierung des Wasserstandes zum Schutz vor Hochwasser und zur Energieerzeugung. Seit dem wurden sie stetig erweitert. Heute gehören sie zum Naturpark und sind Erholungsgebiet.
Mit den Stauseen wird der Weg Caminito del Rey angelegt. Er verbindet die Gegend um die Stauseen im Norden des Gebirgszuges mit der Kleinstadt El Chorro im Süden.
Die Gaitanejo Talsperre am Nordeingang der Schlucht
Desfiladero de los Gaitanes - Die Schlucht der Bartgeier
Hier beginnt die Wasserleitung durch die Schlucht für das Kraftwerk im Tal. Über das Handrad erfolgt die Steuerung des Wasserzuflusses.
Die Industrialisierung verändert die Landschaft
Auch in Spanien beginnt die Industrialisierung mit der Nutzung der Dampfmaschine. Um die dafür benötigte Kohle von den Bergwerken bei Cordoba in die Fabriken der Küstenstadt Málaga zu transportieren beginnt 1860 der Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen Cordoba und Málaga, die dem Verlauf des Guadalhorce durch die Desfiladero del Gaitanes Schlucht folgt. Durch das Gebirge werden zahlreiche Tunnel gesprengt und mit Brücken verbunden. Es ist der schwierigste Abschnitt des Bahnprojekts, denn der Materialtransport ist sogar mit Pferden fast unmöglich. Der Ort El Chorro bekommt einen Bahnhof und gewinnt dadurch an Bedeutung. Für die umliegenden Dörfer, die bislang nur von Land- und Viehwirtschaft leben, bedeutet die Bahn eine neue Hoffnung zur Entwicklung.
Ein Blick in die Schlucht zeigt den alten Caminito del Rey. Auf Schienenprofilen gemauerte Stufen aus Ziegeln mit einem Geländer aus Stahl. Darunter liegen vereinzelt Spuren der allerersten Konstruktion des Wegs. Nur noch die in den Fels geschlagenen Stahlstreben sin übrig.
Nach der Dampfmaschine kommt die Elektrifizierung
In Spanien sind Kohle und Gasvorkommen anders als in Deutschland und England knapper. Deshalb sucht man schnell nach einer Alternative und findet diese mit der Einführung der Elektrizität. Für die Energiegewinnung aus Wasserkraft ist der Guadalhorce als wasserreichster Fluss der Provinz Málaga am besten geeignet und die Desfiladero de los Gaitanes mit ihrem starken Gefälle ein idealer Standort für ein Kraftwerk.
So entsteht ein Industrielles Projekt, dass der Bevölkerung Luz y Aqua - Licht und Wasser verspricht. Vorrangiges Ziel ist die Versorgung der Provinzhauptstadt Málaga mit Strom, denn dort teilen sich nämlich Siemens - bekannt als La Alemania - Die Deutschen und ein Englisches Unternehmen, La Inglesa - Die Engländer genannt, die Stromerzeugung und Versorgung mit Hilfe von Dampfmaschinen. Den stolzen Spaniern ist das ein Dorn im Auge und so beginnt man ab 1903 mit dem Bau eines Wasserkraftwerks am Fluss Guadalhorce.
Das Projekt ist 1906 fertiggestellt und hoch profitabel. Man kann den Bedarf an Energie kaum decken. Nur ein Jahr später wird das Kraftwerk dann durch ein Hochwasser schwer beschädigt und muss die Stromerzeugung für einige Zeit einstellen. Die wirtschaftlichen Folgen für die Betreiber sind gravierend, fast droht der Bankrott. Schließlich kann man aber die Stromproduktion wieder aufnehmen und Gewinne einfahren.
Da Málaga ebenfalls durch die Überschwemmungen stark beschädigt wird, ergeben sich mit Unterstützung der Regierung neue Möglichkeiten. Málaga soll vor weiteren Hochwassern geschützt werden, und politisch will man sich von den ausländischen Unternehmen in der Energieversorgung trennen.
So beginnt man ab 1914 oberhalb des alten Kraftwerks und der Gaitanejo Schlucht den Fluss zu stauen und das Wasser mit einem Kanal durch die Schlucht zu leiten. Das Neue Kraftwerk entsteht einige Kilometer unterhalb Staumauer hinter dem Ende der Schlucht in der Nähe des Ortes El Chorro. Das Gigantische Projekt soll die kontinuierliche Wasserversorgung des Kraftwerks sicher stellen und gleichzeitig das Land vor weiteren Überschwemmungen schützen.
Der Königsweg entsteht
Für den Bau und die Instandhaltung der Wasserleitung durch die enge und unzugängliche Schlucht wird bereits mit dem Bau des ersten Kraftwerks ein Pfad durch die Gaitanejo Schlucht angelegt, der unter abenteuerlichen Bedingungen zum Teil direkt an der Felswand befestigt war. Für diese erste Konstruktion des Pfades seilen sich Seeleute von den Felsen ab und befestigen Holzplanken mit Auslegern am Fels. Die Konstruktion ist jedoch nicht dauerhaft und wird bei einer Überschwemmung zerstört.
Die zweite Konstruktion wird deutlich aufwändiger und sicherer. Sie wird höher über dem Grund der Schlucht angelegt und besteht aus Schienenprofilen, über die ein Ziegelgewölbe mit Zement gebaut ist. Der Ausbau des Weges wird auch notwendig, damit die Arbeiter des Kraftwerks die zahlreichen Schleusen und Sandfänge erreichen können, die sich überall in der Schlucht befinden. Gerade im ersten Teil der Schlucht wird der Weg gerade zu luxuriös ausgestattet: er erhält eine elektrische Beleuchtung und stählerne Bögen zur Verzierung. Dieser Konstruktion wegen nennen die Benutzer ihn Los Balconillos - die Balkönnchen.
Der Caminito del Rey ist von entscheidender Bedeutung für den Bau des Kanals zwischen dem Stausee und dem Kraftwerk. Nur über diesen Weg erreichen Arbeiter und Material die Baustelle. Dafür wird extra zwischen zwei Tunneln der Eisenbahnstrecke nach Málaga ein Bahnhof angelegt, der über eine Brücke über den Guadalhorce mit dem Weg und dem Kanal verbunden wird. Während der erste Weg nur den oberen Teil der Schlucht bis ins Hoyo Tal erschloss, müssen jetzt auch die Anlagen am unteren Ende der Schlucht erreicht werden. Besonders schwierig und spektakulär gestaltet sich der Weg vom Hoyo Tal über den Aquädukt hoch über dem Guadalhorce und zur Eisenbahnbrücke am Ausgang der Gaitanes Schlucht.
Abnahme durch den König
Im Jahr 1921 ist das Projekt mit seinem Damm und Kraftwerk schließlich vollendet und wird durch König Alfonso XIII persönlich abgenommen. Dabei nutzt er auch den neu angelegten Weg und überquert auf dem Weg zu seinem Zug den Guadalhorce über die Brücke, die deshalb heute noch als Brücke des Königs - Puente del Rey - bezeichnet wird.
Hat man die Gaitanejo-Schlucht und Puente del Rey passiert, eröffnet sich das Hoyo-Tal. Weitgehend abgeschnitten von der Außenwelt ist es ein Rückzugsort für seltene Pflanzen und Tiere.
Bis in die 1970er Jahre gab es hier ein kleines Gehöft, dessen Bewohner am Existenzminimum lebten und das Tal - nicht zuletzt wegen des immer schlechter werdenden Weges - schließlich verließen.
Überall im Tal findet man verfallene Teile des alten Kanals, die langsam von der Natur zurückerobert werden.
Nutzung und Verfall
Der Caminito del Rey wird nach seiner Eröffnung nicht nur für die Unterhaltungsarbeiten der Wassertechnik genutzt. Der Ort El Chorro mit seiner Bahnstation ist von lokaler wirtschaftlicher Bedeutung. Hier gibt es Schulen, Geschäfte und Arbeitsstellen. Im Gebiet der Gaitanejo Staumauer wohnen zahlreiche Familien, die teilweise für die Unterhaltung des Kanals arbeiten oder sich ihr Geld in El Chorro verdienen. So wird der Caminito für die Bewohner zum Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder Schulweg. In der Schlucht liegende Höhlen werden zu ersten touristischen Zielen und sind jetzt über den Weg erreichbar. Nicht wenige Bewohner von El Chorro beschreiben wehmütig, wie sie den Weg zu Fuß, mit dem Fahrrad, Esel oder Pferd benutzt haben.
In den 1960er Jahren wird das Wasserkraftwerk schließlich verkauft. Die neuen Betreiber ersetzen die in die Jahre gekommen Anlagen. Ein neues Kraftwerk, das El Chorro Nuevo entsteht, der alte und störanfällige Kanal wird durch eine neue Rohrleitung ersetzt.
Mit dem Ende der Nutzung des Kanals beginnt der Verfall der Anlagen und auch des Caminito del Rey. Als technische Meisterleistung durch Spaniens König eröffnet, interessieren sich nun nur noch Kletterer für die Desfiladero de los Gaitanes.
Der Caminito wird gesperrt
Spätestens in den 1990ern wird die Benutzung des Weges lebensgefährlich. An manchen Stellen entstehen große Löcher, an anderen bleiben nur noch die Stahlträger übrig. Immer wieder verunglücken Wanderer, einige davon tödlich. Als 2001 schließlich drei junge Männer mit einer maroden Seilrutsche abstürzen, wird der Weg endgültig gesperrt. Die Zugänge werden verriegelt und ein Teil des Wegs am Ausgang der Gaitanes Schlucht gesprengt.
Der Caminito del Rey bleibt allerdings trotz des erschwerten Zugangs ein Mekka für Kletterer und Adrenalinsüchtige.
Restaurierung und Neueröffnung
Nach über weiteren zehn Jahren des Verfalls wird dem Caminito del Rey endlich neues Leben eingehaucht. Man hat das touristische Potenzial der grandiosen Landschaft und des Caminito erkannt und kann gleichzeitig der Region ein Stück erlebbare Geschichte zurückgeben.
2014 starten die Restaurierungsarbeiten und werden 2015 abgeschlossen. Jetzt ist der Caminito del Rey die Touristenattraktion und lockt jährlich tausende Besucher aus den Tourismushochburgen an der Küste.
Der Aquädukt führt in über 100m Höhe über den Guadalhorce
Auf den letzten Metern war der Caminito komplett abgerissen, jetzt führt der Weg hier wieder bis zum Ausgang an der Bahnstrecke.
Weg in die Zukunft
Die beeindruckende Landschaft ist mit dem wieder aufgebauten Caminito hautnah zu erleben. Seit der Wiedereröffnung im Jahr 2015 wird an einem Besucherzentrum und weiteren Maßnahmen zur Förderung des Tourismus in der Region gearbeitet.
Fotos: Andrea und Jörg Scheerer, Historische Aufnahmen: www.caminitodelrey.info
Credits:
Historic Pictures and Information from www.caminitodelrey.info