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Resilienz-Dialoge im Westbalkan

Diese Seite ist auch auf Englisch, Albanisch, Bosnisch-Montenegrinisch-Serbisch und Mazedonisch verfügbar.

Was sind die Resilienz-Dialoge?

Die Resilienz-Dialoge sind kommunale Veranstaltungsreihen, in denen Wissen und Erfahrungen zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren geteilt werden. Ziel ist es, die Widerstandfähigkeit gegen das organisierte Verbrechen zu stärken. Die Konferenzen bieten einen „Safe Space“ für den Informationsaustausch und das gemeinsame Lernen der Teilnehmenden sowie die Möglichkeit, gemeinsame Arbeitsgebiete zu identifizieren und neue Netzwerke für Austausch und gegenseitige Unterstützung zu schaffen.

Die Resilienz-Dialoge sind Teil der GI-TOC-Initiativen mit dem Ziel, zivilgesellschaftliche Resilienz gegen das organisierte Verbrechen im Westbalkan zu stärken. Sie finden jährlich auf nationaler und regionaler Ebene statt.

Überblick über die Resilienz-Dialoge 2020

Die Resilienz-Dialoge im Westbalkan fanden erstmals im November 2020 statt. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Veranstaltungen in einem Hybrid-Format abgehalten. Mehr als 110 Beauftragte aus den Medien, der Wissenschaft und von Nichtregierungsorganisationen nahmen an den Dialogen teil.

Die Resilienz-Dialoge 2020 hatten zwei Hauptziele:

  1. Resilienz-Akteure in den verschiedenen Regionen zusammenzubringen, um lokale Entwicklungen und aktuelle Aspekte organisierten Verbrechens und Korruption vor Ort sowie mögliche Gegenmaßnahmen besser zu verstehen.
  2. Gemeinsame Arbeitsbereiche zu identifizieren, Netzwerke für Austausch und gemeinschaftliche Unterstützung zu schaffen sowie die Resilienz zivilgesellschaftlicher Organisationen (ZGOs) zu stärken, deren Arbeit von organisiertem Verbrechen und Korruption betroffen ist.

In jedem der sechs Länder lag der Fokus der Teilnehmenden auf lokalen Anliegen und Herausforderungen. Die Schwerpunkte waren dabei die folgenden:

Tirana, Albanien

Launch der SEE-Obs und erste Aktivitäten im Westbalkan.

• Objektive Berichterstattung in Albanien ist schwierig. Repräsentant*innen der Medien sehen den Grund dafür in der Verbindung zwischen vielen Medien und politischen Parteien sowie der Selbstzensur von Journalist*innen.

• Es bestehen wenige Kooperationen zwischen dem privaten und gemeinnützigen Sektor, da Firmen, die an einer solchen Zusammenarbeit interessiert sind, entweder von einflussreichen Politiker*innen oder von Kriminellen geführt werden während andere Unternehmen nicht über ausreichende Mittel verfügen, um zivilgesellschaftliche Organisationen zu unterstützen.

• Soziale Unternehmen sind in Albanien selten anzufinden, allerdings gibt es nennenswerte Ausnahmen in der Jugendarbeit im gesamten Land. Dies könnte eine wertvolle Gelegenheit für zivilgesellschaftliche Organisationen bieten, eigene Mittel zu generieren und finanziell nachhaltiger zu werden.

Sarajevo, Bosnien und Herzegowina

• ZGOs erhalten den Großteil ihrer Informationen über das organisierte Verbrechen aus sensationsheischenden Medien und Boulevard-Zeitungen. Es existiert wenig objektive Berichterstattung über das Thema. Dies führt zu einem fragmentierten Verständnis des Phänomens.

• Der Eindruck, dass mit der Arbeit im ZGO-Sektor wenig erreicht werden kann, ist in Bosnien und Herzegowina weit verbreitet. Vertreter*innen der Organisationen sind sich einig, dass politische Verbindungen essenziell für viele Teile ihrer Arbeit sind.

Pristina, Kosovo

• Die Situation im Nordkosovo unterscheidet sich von der im Rest des Landes, sowohl hinsichtlich der Entwicklungen von Korruption und organisiertem Verbrechen als auch bezüglich der Trends im zivilgesellschaftlichen Engagement. So sind beispielsweise zwar Gelder für im Norden arbeitende ZGOs für die Arbeit an organisiertem Verbrechen und Korruption vorhanden, allerdings verhindern Bedenken für die eigene Sicherheit das Engagement vieler Menschen in diesem Sektor.

• ZGOs berichten, dass es ihnen an Kapazitäten mangelt, um außer Korruption auch andere illegale finanzielle Aktivitäten zu untersuchen. Andere fühlen sich in ihrem Kampf gegen das organisierte Verbrechen und Korruption alleingelassen.

Podgorica, Montenegro

• In den letzten Jahren sahen sich ZGOs als Regierungsopposition, da die eigentlichen politischen Gegenparteien schwach waren. NGOs und die Medien begrüßten die jüngsten Wahlergebnisse und die damit verbundene Möglichkeit von Veränderungen. Obgleich sie nicht davon ausgehen, dass sich die neue Regierung lange halten kann, sind sie erpicht darauf, die neu entstandenen Räume auszunutzen.

• Der ZGO-Sektor erscheint hochpolarisiert. Statt Synergien durch Kollaborationen zu kreieren, verfolgen viele Akteure ihre eigenen Projekte und Themen individuell.

• Eines der wenigen Themen, bei denen Einigkeit innerhalb der ZGOs zu herrschen scheint, ist das Bedürfnis, Informationen frei zugänglich zu machen.

Skopje, Nordmazedonien

• Korruption muss sowohl von oben nach unten (ausgehend von der Regierung) als auch von unten nach oben (durch den Druck der Öffentlichkeit) angegangen werden. Wichtig ist, mit der alltäglichen Korruption im öffentlichen Sektor, in Krankenhäusern usw. zu beginnen und die Aufmerksamkeit auf das Fehlverhalten korrumpierter Politiker*innen zu lenken.

• Organisierte Kriminalität und Korruption müssen der Gesellschaft als Themen nähergebracht werden und ihre Wirkungen auf einfache und eingängliche Art erklärt werden.

• ZGOs äußerten Bedenken, Logos von internationalen Spendern in Projekten und auf Webseiten abzubilden, da sie fürchten, dass die Sponsoren sie nicht in Angelegenheiten mit lokalen Institutionen unterstützen.

Belgrad, Serbien

• Vor einigen Jahren erwarteten Spendengemeinschaften stärkere Zusammenarbeit von ZGOs mit Sitz in Belgrad mit kleineren Grassroots-Organisationen. Die größeren NGOs wurden zu Klein-Spendern. Dies veränderte die Beziehung zwischen größeren und kleinen ZGOs und machte die Kooperation zu einer „Spendenbedingung“ statt einer Partnerschaft.

• Einige ZGOs können es sich nicht leisten, nicht mit der Regierung zusammenzuarbeiten, da sie auf öffentliche Gelder angewiesen sind. Allerdings scheinen diese Mittel größtenteils an Organisationen vergeben zu werden, welche die Ansichten der Regierung teilen.

Resultat der Dialoge: „Stronger Together“-Bericht

Der „Stronger Together“-Bericht ist das Ergebnis der Resilienz-Dialoge aus dem Jahr 2020 und betrachtet das organisierte Verbrechen im Westbalkan aus der Sicht von Zivilgesellschaften. Er bietet einen Überblick über die Art und Weise, wie Zivilgesellschaften in den westlichen Balkanstaaten mit Themen des organisierten Verbrechens umgehen und beleuchtet ihre wichtigsten Aktivitäten und Anliegen.

Überblick über die Resilienz-Dialoge 2021: Gemeinsame Wege mit Regierungen finden.

Im Jahr 2021 fanden die Resilienz-Dialoge als persönliche Treffen in den sechs Hauptstädten der westlichen Balkanregion zwischen September und Dezember statt. Jede Veranstaltung bot den ZGOs Raum, sich zu vernetzen und Erfahrungen auszutauschen sowie aktuelle Entwicklungen und Herausforderung im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen und Korruption in der Region zu besprechen.

Warum ist es wichtig, gemeinsame Wege mit Regierungen zu finden? Was sind die gegenwärtigen Herausforderungen für Kooperationen?

Die Rahmenbedingungen im Westbalkan stellen eine Herausforderung für zivilgesellschaftliche Organisationen dar, zumal der Raum für NGOs und unabhängige Medien schrumpft. ZGOs werden zu Opfern von Verleumdungskampagnen und werden von verschiedenen Akteuren unter Druck gesetzt oder sogar bedroht.

Auf beiden Seiten scheint ein fundamentaler Mangel an Vertrauen zu herrschen. Einige zivilgesellschaftliche Organisationen betrachten Regierungen als das Problem; auf der anderen Seite werden NGOs von einigen als Verräter an Regierung und Gesellschaft gesehen.

Nichtsdestotrotz existiert ein gewisser Grad an Kooperation zwischen Zivilgesellschaft und lokalen sowie zentralen Regierungsstellen in allen sechs westlichen Balkanländern und die meisten ZGOs halten die Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen hinsichtlich des Vorankommens ihrer Initiativen für notwendig.

Deshalb lag Fokus der diesjährigen Resilienz-Dialoge auf dem Finden gemeinsamer Wege mit Regierungen. Teilnehmende diskutierten nicht bloß aktuelle Herausforderungen, sondern tauschten auch Ideen über gemeinsame Einstiegspunkte im gemeinsamen Kampf gegen das organisierte Verbrechen aus und erörterten die nächsten Schritte für die Zukunft.

Alle Diskussionen fanden unter Chatham House-Regeln statt. Hier kommen einige Teilnehmende des Dialoges selbst zu Wort: